Da sitze ich nun mit meiner Frau wie ein geknicktes Rohr vor dem aufgeschlagenen Ehebuch.
Das vergangene Kapitel hat uns genug gute Gründe „um die Ohren geschlagen“, dass
Evangelisation eine der höchsten Prioritäten in unserer Ehe – ja in unserem Leben sein sollte.
Es ist nicht zu leugnen: „Wir sollten uns auf unseren Auftrag konzentrieren, nicht auf die ständige Optimierung unseres Lebens!“ Denn:
Jesus hat es uns befohlen!
Wir sollen zu denen hingehen, die keine
Beziehung zu Jesus haben, und sie in die
Nachfolge Jesu rufen und begleiten. Jünger sein
heißt Jünger machen! Das war das Letzte, was
Jesus uns sagte, bevor er diese Erde verließ.
Grund genug, unsere Prioritäten daran
auszurichten (Mt. 28,18–20).
Jesus ist genau da!
Wenn ich meine Frau suche, dann finde ich sie in
der Nähe meiner Kinder. Wenn ich unseren
Pastor suche, dann treffe ich ihn in der Gemeinde
an. Wenn ich Jesus suche, sollte ich das
Evangelium an jemanden weitergeben. Dort
wird er sicher sein (Mt. 28,20)! Jesus gab uns
seinen Geist und seine Kraft, um seine Zeugen
zu sein (Apg. 1,8), und genau darum erfahren wir
ihn auf besondere Weise in diesem Auftrag.
Menschen sterben!
Es ist niederschmetternd, dass im Durchschnitt
jede Sekunde zwei Menschen sterben. Die
wenigsten von ihnen werden in den Himmel
kommen. Wir wissen darum! Wenn alle Christen
den Missionsauftrag so leben würden wie du,
wie viele würden dann noch das Evangelium
hören? Es ist leicht, Menschen zu verurteilen, die
während des Holocausts geschwiegen haben,
obwohl sie wussten, was gerade geschieht. Doch
wie oft schweige ich, wenn es um die Weitergabe
des Evangeliums geht?
Wir sind befähigt für den Auftrag!
Es ist wohl falsch, zu sagen: „Ich bin eben kein
Evangelist!“ Klar sind unsere Begabungen verschieden verteilt. Jedoch ist jeder Christ durch
den Heiligen Geist befähigt, ein Zeuge zu sein.
Wir sind alle berufen und ausgerüstet, Jünger zu
machen! Was sollte mich mehr motivieren als die
Tatsache, dass ich mit göttlicher Kraft erfüllt bin?
Es ist die beste Versicherung!
Wer nicht sein eigenes Reich baut, sondern an
Gottes Reich mitbaut, dem verspricht Jesus die
volle Versorgung (Mt. 6,31–33). Leider fällt es uns
schwer, mit Nahrung und Kleidung (1. Tim. 6,8)
zufrieden zu sein. Egal, wie sich die Situation in
unserem Land entwickelt: Wer Gottes Reich
sucht, ist immer in Sicherheit.
Ja, das alles spricht dafür, uns als Nachfolger, als
Ehepaar und als Gemeinde voll und ganz auf
den Auftrag der Evangelisation zu konzentrieren.
„WIR SOLLTEN UNS AUF UNSEREN AUFTRAG KONZENTRIEREN, NICHT AUF DIE STÄNDIGE OPTIMIERUNG UNSERES LEBENS!“
Doch schon die nächsten Seiten des Ehe-
ratgebers präsentieren uns, welch großes und
wunderbares Abbild unsere Ehe widerspiegeln
soll, und wie wir berufen sind, unsere Kinder zu
erziehen und uns für die „Braut Christi“ – die zu
schmückende Gemeinde – zu investieren.
Ahhh … Wie soll man nun Prioritäten setzen,
wenn einem so vieles wichtig erscheint? Ganz
ehrlich – bei mir führte das oft dazu, dass ich gar
keine Priorität mehr gesetzt habe. Wir bräuchten
eine „Über-Alles-Priorität“, die uns ausrichtet
und alle wichtigen Dinge der Nachfolge
ausgewogen in unserem Leben zur Geltung
kommen lässt.
Paulus hat so eine „Über-Alles-Priorität“ im Lauf
seiner Nachfolge gefunden: „Christus ist mein
Leben, und Sterben ist mein Gewinn!“. Das
beinhaltet drei Dinge – ohne Rangfolge -, die ihn
prägen (Phil. 1,19–26):
GOTT hat alles im Griff!
Paulus sitzt zwar im Gefängnis, doch sein
Auftrag, das Evangelium zu verkünden, läuft
auch so weiter. Die Einstellung von Paulus macht
deutlich: „Hauptsache, Gott wird groß gemacht!“
Ob durch die Freiheit, die Gefangenschaft, durch
Leben oder durch Tod – alle sollen an ihm sehen:
Gott hat alles im Griff! – Was zeigt mein Leben?
Dass ich selbst alles im Griff habe – oder gar
nichts gebacken kriege? Mit meiner Nachfolge,
meiner Familiensituation, dem Gemeindedienst
oder dem Missionsauftrag möchte auch ich
eines ausstrahlen: Gott hat alles im Griff! Egal, ob
es gerade gut läuft oder vieles erdrückend ist.
STERBEN ist das Beste!
Mit dieser Einstellung kann Paulus seine irdische
Hütte jederzeit abbrechen und weiterziehen –
und er weiß auch schon, wohin er weiterziehen
darf. Seine Ausrichtung bleibt es, die Last seines
Auftrages einmal ablegen zu können und bei
Christus zu sein. – Wie sehr bin ich auf dieser
Welt verwurzelt und habe keine Lust, bei
Christus zu sein. Ich will meine Kinder
aufwachsen sehen, dann meine Enkel und
Urenkel. Es gibt immer einen Grund, diese Welt
nicht zu verlassen – denn ich habe es mir ganz
schön „kuschelig“ eingerichtet. Wo ist meine
Sehnsucht nach dem Himmel geblieben?
LEBEN ist notwendig!
Unser HERR hätte uns alle nach unserer
Bekehrung zu sich nehmen können. Diese
himmlische Gemeinschaft mit uns ist doch auch
sein großes Ziel. Doch er hat es nicht getan!
Daher, wenn wir noch leben – und wir tun es gerade –, dann ist unser Leben auch notwendig.
Paulus bezeugt: Wenn ich schon lebe, dann lebe
ich für Christus und die Aufgaben, die er für
mich vorbereitet hat! Christus ist mein Inhalt,
mein Lebenssinn, und er bestimmt meine
Prioritäten. Wie sehr wünsche ich mir, dass
Christus mehr und mehr mein Leben ist und
meine Prioritäten jeden Tag setzt, und nicht ich
selbst! Sodass ich mit meinem Leben tue, was
notwendig ist und von ihm vorbereitet wurde!
Langsam dämmerte es mir, dass das Festlegen
von Prioritäten nicht in erster Linie meine
Aufgabe ist, sondern dass nur der HERR
überblicken kann, wann welche Prioritäten in
meinem Leben dran sind. Doch eines muss ich
im Blick behalten – die „Über-Alles-Priorität“,
dass Christus mein Leben sein möchte und
Sterben mein Gewinn ist. Dann sind meine
täglichen Prioritäten abhängig von der
lebendigen Beziehung zu Christus und einer
Ewigkeitsperspektive.
So versuche ich seit einiger Zeit, jeden Tag ganz
bewusst eine Ewigkeitsperspektive einzunehmen. Ich erlebe dadurch, wie „Großes groß und Kleines klein“ wird! Die „Über-Alles-Priorität“
beginnt im vorbeirauschenden Tag meine
Prioritäten zu regeln. Da lässt man auf einmal
den Film sausen, um morgens dem HERRN zu
begegnen. Da siegt der Wunsch, Zeit mit der
Familie zu verbringen, und steht über den
Arbeiten rund ums Haus. Da mehrt sich die
Freude, Geld zu investieren für evangelistische
Literatur, anstatt was Neues für sich zu kaufen.
Da sehnt sich mein Herz im Gespräch mit
meinem Nachbarn, dass seine Leidenschaft und
seine Opferbereitschaft für den Sport doch
meinem HERRN gelten möchte.
Durch die stets präsente Ewigkeitsperspektive bekommt man eine neue Sicht auf die Priorität Evangelisation.
Durch die stets präsente Ewigkeitsperspektive bekommt man eine neue Sicht auf die Priorität Evangelisation.
Nicht allein der Auftrag oder die Bewahrung vor
der schrecklichen Hölle ist nun mein Antrieb zur
Evangelisation. Man möchte nicht nur Menschen
aus ihrem sozialen Elend ziehen, sondern sehen,
wie in ihrem Leben Gottes Herrlichkeit zum
Ausdruck kommt. Vor dem inneren Auge sieht
man, wie Gott traurig ist, wenn Menschen
verloren gehen, und dass er dies nicht möchte.
Immer mehr wächst der aufrichtige Wunsch,
dass mehr Menschen unseren wunderbaren
Schöpfergott anbeten. Es ist nicht nur ein Ringen
um die verlorenen Seelen, oder der Wunsch,
Frucht von der ständigen Aussaat zu sehen. Es ist
viel mehr: Es geht um mehr Verherrlichung
Gottes! Evangelisation wird zum Kampf um die
Anbetung!
So gehen wir gespannt, aber auch entspannt auf
die nächsten Kapitel des Ehebuches zu. Denn
nun wissen wir: Der HERR wird die Prioritäten
setzen und uns dazu befähigen, ihnen zu folgen!