Evangelisation als Priorität

Autor

Joel Fey

Kategorie

Magazin Ausgabe

3 / 2019

Da sitze ich nun mit meiner Frau wie ein geknicktes Rohr vor dem aufgeschlagenen Ehebuch. Das vergangene Kapitel hat uns genug gute Gründe „um die Ohren geschlagen“, dass Evangelisation eine der höchsten Prioritäten in unserer Ehe – ja in unserem Leben sein sollte.
Es ist nicht zu leugnen: „Wir sollten uns auf unseren Auftrag konzentrieren, nicht auf die ständige Optimierung unseres Lebens!“ Denn:

Jesus hat es uns befohlen!

Wir sollen zu denen hingehen, die keine Beziehung zu Jesus haben, und sie in die Nachfolge Jesu rufen und begleiten. Jünger sein heißt Jünger machen! Das war das Letzte, was Jesus uns sagte, bevor er diese Erde verließ. Grund genug, unsere Prioritäten daran auszurichten (Mt. 28,18–20).

Jesus ist genau da!

Wenn ich meine Frau suche, dann finde ich sie in der Nähe meiner Kinder. Wenn ich unseren Pastor suche, dann treffe ich ihn in der Gemeinde an. Wenn ich Jesus suche, sollte ich das Evangelium an jemanden weitergeben. Dort wird er sicher sein (Mt. 28,20)! Jesus gab uns seinen Geist und seine Kraft, um seine Zeugen zu sein (Apg. 1,8), und genau darum erfahren wir ihn auf besondere Weise in diesem Auftrag.

Menschen sterben!

Es ist niederschmetternd, dass im Durchschnitt jede Sekunde zwei Menschen sterben. Die wenigsten von ihnen werden in den Himmel kommen. Wir wissen darum! Wenn alle Christen den Missionsauftrag so leben würden wie du, wie viele würden dann noch das Evangelium hören? Es ist leicht, Menschen zu verurteilen, die während des Holocausts geschwiegen haben, obwohl sie wussten, was gerade geschieht. Doch wie oft schweige ich, wenn es um die Weitergabe des Evangeliums geht?

Wir sind befähigt für den Auftrag!

Es ist wohl falsch, zu sagen: „Ich bin eben kein Evangelist!“ Klar sind unsere Begabungen verschieden verteilt. Jedoch ist jeder Christ durch den Heiligen Geist befähigt, ein Zeuge zu sein. Wir sind alle berufen und ausgerüstet, Jünger zu machen! Was sollte mich mehr motivieren als die Tatsache, dass ich mit göttlicher Kraft erfüllt bin?

Es ist die beste Versicherung!

Wer nicht sein eigenes Reich baut, sondern an Gottes Reich mitbaut, dem verspricht Jesus die volle Versorgung (Mt. 6,31–33). Leider fällt es uns schwer, mit Nahrung und Kleidung (1. Tim. 6,8) zufrieden zu sein. Egal, wie sich die Situation in unserem Land entwickelt: Wer Gottes Reich sucht, ist immer in Sicherheit.
Ja, das alles spricht dafür, uns als Nachfolger, als Ehepaar und als Gemeinde voll und ganz auf den Auftrag der Evangelisation zu konzentrieren.

„WIR SOLLTEN UNS AUF UNSEREN AUFTRAG KONZENTRIEREN, NICHT AUF DIE STÄNDIGE OPTIMIERUNG UNSERES LEBENS!“

Doch schon die nächsten Seiten des Ehe- ratgebers präsentieren uns, welch großes und wunderbares Abbild unsere Ehe widerspiegeln soll, und wie wir berufen sind, unsere Kinder zu erziehen und uns für die „Braut Christi“ – die zu schmückende Gemeinde – zu investieren.
Ahhh … Wie soll man nun Prioritäten setzen, wenn einem so vieles wichtig erscheint? Ganz ehrlich – bei mir führte das oft dazu, dass ich gar keine Priorität mehr gesetzt habe. Wir bräuchten eine „Über-Alles-Priorität“, die uns ausrichtet und alle wichtigen Dinge der Nachfolge ausgewogen in unserem Leben zur Geltung kommen lässt.
Paulus hat so eine „Über-Alles-Priorität“ im Lauf seiner Nachfolge gefunden: „Christus ist mein Leben, und Sterben ist mein Gewinn!“. Das beinhaltet drei Dinge – ohne Rangfolge -, die ihn prägen (Phil. 1,19–26):

GOTT hat alles im Griff!

Paulus sitzt zwar im Gefängnis, doch sein Auftrag, das Evangelium zu verkünden, läuft auch so weiter. Die Einstellung von Paulus macht deutlich: „Hauptsache, Gott wird groß gemacht!“ Ob durch die Freiheit, die Gefangenschaft, durch Leben oder durch Tod – alle sollen an ihm sehen: Gott hat alles im Griff! – Was zeigt mein Leben? Dass ich selbst alles im Griff habe – oder gar nichts gebacken kriege? Mit meiner Nachfolge, meiner Familiensituation, dem Gemeindedienst oder dem Missionsauftrag möchte auch ich eines ausstrahlen: Gott hat alles im Griff! Egal, ob es gerade gut läuft oder vieles erdrückend ist.

STERBEN ist das Beste!

Mit dieser Einstellung kann Paulus seine irdische Hütte jederzeit abbrechen und weiterziehen – und er weiß auch schon, wohin er weiterziehen darf. Seine Ausrichtung bleibt es, die Last seines Auftrages einmal ablegen zu können und bei Christus zu sein. – Wie sehr bin ich auf dieser Welt verwurzelt und habe keine Lust, bei Christus zu sein. Ich will meine Kinder aufwachsen sehen, dann meine Enkel und Urenkel. Es gibt immer einen Grund, diese Welt nicht zu verlassen – denn ich habe es mir ganz schön „kuschelig“ eingerichtet. Wo ist meine Sehnsucht nach dem Himmel geblieben?

LEBEN ist notwendig!

Unser HERR hätte uns alle nach unserer Bekehrung zu sich nehmen können. Diese himmlische Gemeinschaft mit uns ist doch auch sein großes Ziel. Doch er hat es nicht getan! Daher, wenn wir noch leben – und wir tun es gerade –, dann ist unser Leben auch notwendig. Paulus bezeugt: Wenn ich schon lebe, dann lebe ich für Christus und die Aufgaben, die er für mich vorbereitet hat! Christus ist mein Inhalt, mein Lebenssinn, und er bestimmt meine Prioritäten. Wie sehr wünsche ich mir, dass Christus mehr und mehr mein Leben ist und meine Prioritäten jeden Tag setzt, und nicht ich selbst! Sodass ich mit meinem Leben tue, was notwendig ist und von ihm vorbereitet wurde!
Langsam dämmerte es mir, dass das Festlegen von Prioritäten nicht in erster Linie meine Aufgabe ist, sondern dass nur der HERR überblicken kann, wann welche Prioritäten in meinem Leben dran sind. Doch eines muss ich im Blick behalten – die „Über-Alles-Priorität“, dass Christus mein Leben sein möchte und Sterben mein Gewinn ist. Dann sind meine täglichen Prioritäten abhängig von der lebendigen Beziehung zu Christus und einer Ewigkeitsperspektive.
So versuche ich seit einiger Zeit, jeden Tag ganz bewusst eine Ewigkeitsperspektive einzunehmen. Ich erlebe dadurch, wie „Großes groß und Kleines klein“ wird! Die „Über-Alles-Priorität“ beginnt im vorbeirauschenden Tag meine Prioritäten zu regeln. Da lässt man auf einmal den Film sausen, um morgens dem HERRN zu begegnen. Da siegt der Wunsch, Zeit mit der Familie zu verbringen, und steht über den Arbeiten rund ums Haus. Da mehrt sich die Freude, Geld zu investieren für evangelistische Literatur, anstatt was Neues für sich zu kaufen. Da sehnt sich mein Herz im Gespräch mit meinem Nachbarn, dass seine Leidenschaft und seine Opferbereitschaft für den Sport doch meinem HERRN gelten möchte.
Durch die stets präsente Ewigkeitsperspektive bekommt man eine neue Sicht auf die Priorität Evangelisation.
Nicht allein der Auftrag oder die Bewahrung vor der schrecklichen Hölle ist nun mein Antrieb zur Evangelisation. Man möchte nicht nur Menschen aus ihrem sozialen Elend ziehen, sondern sehen, wie in ihrem Leben Gottes Herrlichkeit zum Ausdruck kommt. Vor dem inneren Auge sieht man, wie Gott traurig ist, wenn Menschen verloren gehen, und dass er dies nicht möchte. Immer mehr wächst der aufrichtige Wunsch, dass mehr Menschen unseren wunderbaren Schöpfergott anbeten. Es ist nicht nur ein Ringen um die verlorenen Seelen, oder der Wunsch, Frucht von der ständigen Aussaat zu sehen. Es ist viel mehr: Es geht um mehr Verherrlichung Gottes! Evangelisation wird zum Kampf um die Anbetung!
So gehen wir gespannt, aber auch entspannt auf die nächsten Kapitel des Ehebuches zu. Denn nun wissen wir: Der HERR wird die Prioritäten setzen und uns dazu befähigen, ihnen zu folgen!