Eine „Priorität“ ist ein Vorrang, den man einer Sache oder einer Person einräumt.
Wir haben im Alltag viele davon: Der Beruf hat Vorrang vor privaten Aktivitäten. Die Familie
hat Vorrang vor anderen Leuten. Die Gemeinde hat Vorrang vor Hobbys und Vereinen.
Auch für Gott gibt es Dinge, die ihm wichtiger sind als andere. Hier einige davon:
1. Bekehrung vor Dienst
Gal. 2,16: „Doch weil wir wissen, dass der Mensch durch Werke des Gesetzes nicht gerecht wird, sondern durch den Glauben an Jesus Christus, sind auch wir zum Glauben an Christus Jesus gekommen, damit wir gerecht werden durch den Glauben an Christus und nicht durch Werke des Gesetzes; denn durch Werke des Gesetzes wird kein Mensch gerecht.“
Da kam bei einer Evangelisation beim Aufruf zur
Entscheidung für Jesus eine 80-jährige
Diakonisse nach vorne. Ihr war klar geworden,
dass sie Jesus noch nie richtig in ihr Leben
aufgenommen hatte. Und dass man Gott nicht
wirklich dienen kann, solange man noch nicht
sein Eigentum ist. Dass wir ihm wirklich gehören,
ist wichtiger als das, was wir für ihn tun können.
Darum ist dies vielleicht die wichtigste Priorität von allen. So bekehrte sie sich und empfing
neues Leben aus Gott.
Darum: Bevor du Gott in Wahrheit dienen
kannst, möchte er erst sehen, dass du an seinen
Sohn glaubst. Das hat für ihn absolute Priorität.
Denn ohne echte Bekehrung ist dein Dienst für
Gott nichts wert. Bist du bekehrt und wiedergeboren?
2. Der Herr vor den Menschen
2. Kor. 8,3–5: „Denn nach Kräften, das bezeuge ich, und sogar über ihre Kräfte haben sie willig gegeben und haben uns mit vielem Zureden gebeten, dass sie mithelfen dürften an der Wohltat und der Gemeinschaft des Dienstes für die Heiligen; und das nicht nur, wie wir hofften, sondern sie gaben sich selbst, zuerst dem Herrn und danach uns, nach dem Willen Gottes.“
Als Christ gehöre ich in erster Linie dem Herrn,
und erst in zweiter Linie den Menschen. Zuerst
kommt meine Beziehung zu Jesus, und dann
mein Dienst für Gott in der Gemeinde und in der
Welt. Das klingt vielleicht egoistisch, aber in
Wahrheit ist es wahrscheinlich das eigentliche
Geheimnis jeden fruchtbaren Dienstes. Denn
wenn unsere Beziehung zu Jesus nicht oder nicht
mehr stimmt, wird auch unser Dienst für die
Menschen an Wirksamkeit einbüßen.
Darum: Ist dir, der du ein bekehrter Christ bist
und echt zu Jesus gehörst, das noch ein
Anliegen – der morgendliche oder wenigstens
regelmäßige, tägliche Treffpunkt mit deinem
Herrn? Freust du dich auf das Lesen der Bibel
und auf die Begegnung mit Gott im Gebet?
Der deutsche Pfarrer Ernst Modersohn hat einmal dazu geschrieben: „Die Waffen müssen geputzt, geölt und geladen werden, bevor man in den Krieg zieht. Abends, wenn die Schlacht vorbei ist, hat’s wenig Sinn.“ Und: „Beten ist Zeitgewinn und Kraftersparnis.“ Probier’s aus!
ZUERST KOMMT MEINE BEZIEHUNG ZU JESUS, UND DANN MEIN DIENST FÜR GOTT IN DER GEMEINDE UND IN DER WELT.
3. Treue vor Erfolg
1. Kor. 4,2: „Nun fordert man nicht mehr von den Haushaltern, als dass sie für treu befunden werden.“
Wir leben in einer Welt, in der geschäftlicher
Erfolg und Geld verdienen der oberste Maßstab allen Handelns ist. Und unbewusst oder bewusst
haben wir manchmal diese Philosophie auch auf
die christliche Gemeinde übertragen.
Wenn man aber bedenkt, dass in manchen
Missionsgebieten dieser Welt Missionare
manchmal Jahrzehnte gearbeitet und den
Samen des Evangeliums ausgestreut haben, und
nur wenige oder gar keine Bekehrten sahen,
dann kommt man ins Nachdenken über diese
Philosophie.
Der Erfolg ist ein Geschenk, und er ist Gottes
Sache. Aber selbst wenn sich äußerlich kein oder
kein großer Erfolg einstellt, muss eine Arbeit für
Gott nicht vergebens gewesen sein.
Nach menschlichen Maßstäben war der Dienst Jesu auf Erden ein totaler Fehlschlag. Das Unternehmen endete am Kreuz, und bis dahin konnte man vordergründig sagen: Das war alles völlig umsonst! Dennoch war er in Gottes Augen außerordentlich erfolgreich!
Darum fahre auch du fort in deinem Dienst für
Gott – im Beruf, oder in der Gemeinde. Und
überlass’ es dem Herrn, was am Schluss herauskommt. Und vielleicht wirst du dann eines Tages
die überraschende Entdeckung machen, dass
Jesus dir sagen wird: „Gut gemacht! Du hast
getan, was du konntest, du warst treu in deinem
Dienst, und du hast Frucht gebracht, soweit es
möglich war – das genügt mir!“
4. Die Gemeinde vor der Welt
Gal. 6,10: „Darum, solange wir noch Zeit haben, lasst uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen.“
Für jeden von uns ist es klar, dass seine eigenen
Familienangehörigen einen gewissen Vorrang
haben vor allen anderen Leuten. Kein Familienvater käme auf den Einfall, zu sagen: „Ich muss
erst dafür sorgen, dass die Nachbarskinder
genug zu essen haben; danach will ich mich
auch um meine eigenen Kinder kümmern.“ Ein
Vater, der so redete, würde zurecht als nicht ganz
normal angesehen.
Aber was in den natürlichen Zusammenhängen
gilt, das gilt eben auch in den geistlichen:
Christen sind Kinder des Vaters und gehören zur
Familie Gottes – da ist es doch nur natürlich,
wenn wir nach den eigenen Familienmitgliedern
zuerst schauen! Freilich wäre es falsch, wenn sich
unsere Wohltätigkeit nur auf die Gemeinde
Gottes beschränkte. Aber zu dieser Fehlhaltung
fordert uns Paulus ja nicht auf. „Lasst uns Gutes
tun an jedermann“, sagt er. Aber die Gläubigen
kommen zuerst.
5. Mission vor Diakonie
Mt. 28,18–20: „Und Jesus trat herzu und sprach zu ihnen: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“
Immer wieder hört man, es sei ein Kennzeichen aller wachsenden Gemeinden, dass Evangelisation und Mission bei ihnen den Vorrang
haben vor allem anderen. Die Mitglieder solcher
Gemeinden sind stets bemüht, den Menschen
auf die eine oder andere Art und Weise das
Evangelium zu verkündigen. Sie sind erfinderisch
und phantasiereich im Weitergeben der Guten
Nachricht. Und sie lassen sich dabei auch durch Rückschläge nicht entmutigen, sondern lernen aus Fehlern und versuchen, es beim nächsten
Anlauf besser zu machen.
„WIR WAREN RUND UM DIE UHR TÄTIG FÜR ANDERE MENSCHEN, ABER WIR WAREN UNSEREM AUFTRAG UNGEHORSAM.“
Dieser Grundsatz ist natürlich längst ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Liberale Theologen versuchen schon lange, uns klarzumachen, dass soziales Handeln weitaus wichtiger sei als irgendwelche Bekehrungsversuche. Oder sie stellen es zumindest gleichberechtigt neben die Mission. Das Argument dafür ist einleuchtend: Wo echte körperliche oder materielle Not vorhanden ist, dürfen wir nicht zuerst mit dem Evangelium kommen. In vielen Fällen muss erst einmal die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass die Leute überhaupt zuhören können.
Aber ich habe nie vergessen, was der verstorbene Missionsdirektor Bruno Herm von der Deutschen Missionsgemeinschaft einmal mit Tränen in den Augen bei einem Jahresfest erzählte: Wie er in Pakistan als Missionar arbeitete, und wie er und andere dort ein Krankenhaus aufbauten und sich völlig in der medizinischen Arbeit verloren. „Wir waren rund um die Uhr tätig für andere Menschen, aber wir waren unserem Auftrag ungehorsam“, sagte er.
Das ist die große Gefahr der beschriebenen Art
von Theologie: Dass der Missionsauftrag
unseres Herrn allmählich außer Sichtweite
gerät.
6. Balken vor Splitter
Mt. 7,3–5: „Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den
Balken in deinem Auge? Oder wie kannst du
sagen zu deinem Bruder: Halt, ich will dir den
Splitter aus deinem Auge ziehen?, und siehe, ein
Balken ist in deinem Auge. Du Heuchler, zieh
zuerst den Balken aus deinem Auge; danach sieh
zu, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge
ziehst.“
Ich glaube, es war Oswald Chambers, der zu
diesem Bibelabschnitt einmal geschrieben hat:
„Jedes Mal, wenn wir einen Splitter im Auge
unseres Bruders sehen, befindet sich ein Balken in
unserem Auge.“
Das ist eine sehr ernste Angelegenheit. Es ist
schon so: Wir richten einander oft schnell. Wir
wissen meist schnell, was am andern nicht gut
und richtig ist. Und in einer Hinsicht ist es ja auch
gut, dass Gott uns die Fähigkeit gegeben hat, am
andern wahrzunehmen, was nicht stimmt: So
wird Korrektur möglich. Aber die große Frage
lautet immer: Haben wir nur ein Auge für die
Fehler der anderen oder auch eines für die
unseren?
Es ist demütigend, wenn wir uns mit unseren
Balken beschäftigen müssen, aber es ist der
einzige Weg, um die Berechtigung zu erlangen,
die Splitter bei den Brüdern und Schwestern zu
ziehen.
7. Herz vor Äußerem
1. Sam. 16,6–7: „Als sie nun kamen, sah er den
Eliab an und dachte: Fürwahr, da steht vor dem
Herrn sein Gesalbter. Aber der Herr sprach zu
Samuel: Sieh nicht an sein Aussehen und seinen
hohen Wuchs; ich habe ihn verworfen. Denn
nicht sieht der Herr auf das, worauf ein Mensch
sieht. Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der
Herr aber sieht das Herz an.“
Sogar große Leute können sich also irren – siehe
Samuel. Der dachte sogar als Gottesmann ganz
in weltlichen Kategorien. Bis zu diesem Zeitpunkt
in Isais Haus hatte er Gottes großes Prinzip noch nicht begriffen: Der Herr schaut immer zuerst
nach innen, das Äußere ist ihm gar nicht so
wichtig.
WO WIR NUR EINEN VERBRECHER SEHEN, SIEHT GOTT VIELLEICHT SCHON EINEN NEUEN CHRISTEN!
Er fragt zuerst nach unserer Herzenshaltung und
-einstellung zu ihm, und ist nicht beeindruckt
oder erschreckt von gewaltigem oder mickrigem
Äußeren. Es interessiert ihn auch nicht so stark,
wie schön oder hässlich jemand ist, und was der
Betreffende vor den Augen der Menschen tut
oder darstellt. Nein, er betreibt Herzenserforschung und Motivanalyse. Das ist seine Art
und seine Arbeit!
Und obwohl ich selbst weiß, wie hart das in
gewissen Zusammenhängen sein kann, gerade
auch in der Gemeinde: Mancher sieht von außen
vielleicht ganz wüst und hoffnungslos aus, aber
im Innern gärt es in Richtung Bekehrung. Darum
muss man trotz allem vorsichtig sein: Wo wir nur
einen Verbrecher sehen, sieht Gott vielleicht
schon einen neuen Christen!
So erkennen wir aus der Heiligen Schrift sehr klar
die Prioritäten Gottes. Ob wir sie auch zu
unseren machen werden?